Klasse statt Masse: Nachhaltige Mode hat heute viele Facetten und ist äußerlich nicht von konventioneller Kleidung zu unterscheiden. Auch in Bremen setzen immer mehr Geschäfte und Unternehmer auf ökologische und faire Kleidung.

Nachhaltige Mode um die Ecke

Wer den Pop-up-Store von „Tizz & Tonic“ im Citylab betritt, fühlt sich beim Blick auf die gemütlichen Vintage-Sessel und die zahlreichen Bilderrahmen an den Wänden, eher an ein Wohnzimmer erinnert. An den Kleiderstangen hängt Unterwäsche, die bunte Prints ziert.

Schwester Yanna, die eigentlich Biologie studiert hat, kam vor einem Jahr dazu (c) Tizz & Tonic
Schwester Yanna, die eigentlich Biologie studiert hat, kam vor einem Jahr dazu (c) Tizz & Tonic

Die beiden Schwestern Imke und Yanna wollen mit ihrem Modelabel bequeme Unterwäsche anbieten, die gut aussieht und zugleich nachhaltig ist. „Es ist viel Arbeit“, sagt Imke, die nach ihrem Modedesign-Studium mit dem Schwerpunkt Lingerie vor drei Jahren nach Bremen kam. Ihre damalige Wohnung in der Neustadt bot nicht viel Platz, um dort aufwändige Modeentwürfe zu schneidern. „Ich hatte wirklich nur einen ganz kleinen Tisch“, sagt Imke. „Und Unterwäsche kann man auch auf engstem Raum nähen.“ Gesagt, getan: Die Modedesignerin, die mit ihrer Schwester in Kanada aufwuchs, gründete schließlich das Label „Tizz & Tonic“. Vor etwa einem Jahr kam Yanna dazu, die sich um das Zuschneiden der Stoffe und die Auswahl der Stoff-Manufakturen kümmert.

Ihr Label haben Imke und Yanna Tizz & Tonic genannt (c) Tizz & Tonic
Ihr Label haben Imke und Yanna Tizz & Tonic genannt (c) Tizz & Tonic

„Öko-Mode ist oft super langweilig“

Die beiden jungen Frauen haben eine klare Vorstellung von ihrem Business: „Uns ist wichtig, dass die Produkte nachhaltig produziert und fair gehandelt sind“, sagt Yanna, die vor ihrer Selbstständigkeit Biologie studierte. In ihrer Kindheit sind die beiden Schwestern oft gereist, das hat sie geprägt: „Unterwegs haben wir gesehen, was passiert, wenn man nicht auf die Erde achtet“, sagt Imke. Das habe auch ihr Bewusstsein für Nachhaltigkeit geschärft. Viele ihrer Stoffe bestehen daher aus GOTS-zertifizierter Baumwolle. GOTS steht für Global Organic Textile Standard und versichert, dass die Textilien zu mindestens 70 Prozent aus biologisch erzeugten Naturfasern bestehen. „Öko-Mode ist oft super langweilig“, findet Imke. „Wir wollen das Ganze mit etwas mehr Pep machen.“

„Die Menschen kaufen bewusster ein“

So erging es auch Sonja Stellmann, die ebenfalls im Citylab in der Bremer Innenstadt ein Geschäft für faire Bio-Mode eröffnet hat. Die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau setzt mit ihrer Ecoture-Boutique vor allem auf Designermode statt auf Massenproduktion. „Viele Kunden sind zunächst überrascht, dass die Sachen in den Regalen so schick sind“, sagt die Unternehmerin. Dass sich ökologische Kleidung heute optisch kaum von konventioneller Mode unterscheide, sei noch nicht bei allen angekommen. „Mir ist wichtig, dass die Sachen zertifiziert sind“, sagt Sonja Stellmann. „Aber die Kleidung muss auch businesstauglich sein.“ Die Ecoture-Inhaberin arbeitete zuvor einige Jahre als Kundenbetreuerin in einem Textilgroßhandel. Irgendwann wuchsen ihre Zweifel an den konventionellen Produktionsbedingungen und die gebürtige Niedersächsin fasste den Entschluss, ein Geschäft für nachhaltige Mode zu eröffnen. Damit trifft die Unternehmerin einen aktuellen Nerv: In ihrer Boutique im Citylab werde sie zunehmend auf die Herkunft und die Produktionsbedingungen der Labels angesprochen. „Die Menschen kaufen bewusster ein“, sagt Stellmann.

Nachhaltige Mode: Ein Zeichen gegen das rücksichtlose Wirtschaften großer Modeketten

Timo Helken (mitte) und Simon Bölts (rechts) haben das Label Jedentagsonntag gegründet (c) Jedentagsonntag
Timo Helken (mitte) und Simon Bölts (rechts) haben das Label Jedentagsonntag gegründet (c) Jedentagsonntag

Auch Timo Helken und Simon Bölts beschäftigte das Thema nachhaltige Mode immer wieder. Doch ein eigenes Modelabel entstand daraus eher zufällig. Simon war seinerzeit als Azubi im Marketingbereich tätig, Timo arbeitete in einer Bremer Werbeagentur. Beide hatten wenig Freizeit – verbrachten sie diese gemeinsam, dann meist sonntags. Für private Zwecke entwarfen sie ihr erstes Shirt, darauf ein roter Balken mit der Aufschrift „Sonntag“. Nachdem sie in Bremer Clubs immer häufiger darauf angesprochen wurden und auch Freunde und Bekannte nach dem Shirt fragten, reifte bei den Modemachern langsam die Idee für ein eigenes Label „Jedentagsonntag“.

Einen Teil der Einnahmen kommt einem gemeinnützigen Projekt zugute (c) Jedentagsonntag
Einen Teil der Einnahmen kommt einem gemeinnützigen Projekt zugute (c) Jedentagsonntag

Inzwischen haben die beiden mehrere Kollektionen entworfen. Ihre Marke sehen sie trotzdem mehr als Hobby. Den großen Reibach wollen die Unternehmer von „Jedentagsonntag“ nicht damit machen – im Gegenteil: Ein Teil ihrer Einnahmen kommt dem Sozialprojekt „ISA Childrens Home“ zugute. Damit möchten die Bremer auch ein Zeichen gegen das rücksichtslose Wirtschaften der großen Modemarken setzen. „Wir wollten damit eh kein Geld verdienen, dann können wir es auch für etwas Sinnvolles nutzen“, findet Timo.


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