Grillen für Creditpoints – klingt nach Spaß? Hat aber auch einen ernsthaften Hintergrund: Stichwort „Industrie 4.0“ bzw. „Internet der Dinge“
Grill-Partys sind beliebt – nur oftmals nicht bei denjenigen Teilnehmern, die auf der Terrasse am Grill stehen müssen, während der Rest der Gesellschaft am Fernseher ein Fußballspiel verfolgt oder schon mal fröhlich bei den Vorspeisen zuschlägt. In Zukunft wird der Grillmeister aber nicht mehr einsam an seinem Bier nippen müssen, wenn es nach den Vorstellungen von 16 Studierenden der Studiengänge Produktionstechnik, Wirtschaftsingenieurwesen und Systems Engineering an der Uni Bremen geht. Im Lehrprojekt „BBQ 4.0“ entwickeln sie einen Smoker, der das Garen weitgehend selbstständig übernimmt. Wenn er dabei Hilfe braucht, meldet er sich auf dem Smartphone.
Schöner leben mit intelligenten Haushaltsgeräten
Das Projekt ist der Beweis dafür, dass man im Studium auch etwas Nützliches lernen kann – obwohl die Aufgabe so formuliert ist, dass dieser Umstand geschickt verschleiert wird: „Erarbeitung der Grundlagen von Industrie 4.0 durch Entwicklung und Bau eines cyber-physischen Grills“. Im Kern geht es darum, ein Gerät zu konstruieren, das eigene Entscheidungen trifft und umsetzt, um den Nutzern das Leben zu erleichtern.
Ein solches Praxis-Lehrprojekt ist Pflicht im 5. Semester der drei beteiligten Bachelor-Studiengänge. Die Systems-Engineering-Studierenden arbeiten auch im 6. Semester noch weiter an den Projekten. Damit es nicht langweilig wird, denken sich die betreuenden Wissenschaftler für jeden Jahrgang eine neue Herausforderung aus: Das Spektrum reicht von der Eintassenspülmaschine über das Surfbrett mit Hilfsantrieb bis zum Getränkeservierroboter auf zwei Rädern.
Studium soll Spaß machen
„Auf der einen Seite konfrontieren wir die Studierenden mit aktuellen technischen Problemstellungen und setzen dabei auf forschendes Lernen“, erklärt Wissenschaftler Stefan Wiesner, der das Projekt am Bremer Institut für Produktion und Logistik (BIBA) betreut. „Andererseits vergessen wir dabei nicht, dass das Studieren auch Spaß machen soll. Wir möchten ja auch motivieren.“
Dieses Mal sollte also ein sogenannter „Smoker“ Industrie-4.0-tauglich gemacht werden. Smoker sind mit Kohle oder Holz befeuerte Grillgeräte, in denen die Speisen nicht direkt über Feuer oder Glut, sondern im heißen Rauch bei möglichst konstanter, relativ niedriger Temperatur schonend gegart werden. Holz oder Kohle befinden sich in einer Kammer neben dem Garraum, in den der Rauch geleitet wird.
Grillprozess automatisch überwachen und fernsteuern
Das Problem beim Smoken ist es, über viele Stunden eine möglichst konstante Temperatur im Garraum zu halten. Das heißt unter anderem, dass permanent für eine optimale Luftzufuhr und genug Brennstoff gesorgt werden muss. Um perfekte, schmackhafte Ergebnisse zu erhalten, bedarf es außerdem der steten Temperaturüberwachung der Speisen.
In dem Projekt galt es, das Grillen im Smoker als Produktionsprozess zu betrachten und es soweit wie möglich zu automatisieren. Eine zentrale Frage dabei war auch: Wie kann der Prozess dezentral aus der Ferne beobachtet, überwacht und gesteuert werden? Der Prototyp wurde Ende Februar fertiggestellt, allerdings sind noch nicht alle Probleme gelöst: Unter anderem funktioniert die Kommunikation zwischen Smoker und Smartphone noch nicht zufriedenstellend. Während der zweiten Projektphase im Sommersemester werden sich die Teilnehmer noch einmal den verbleibenden Herausforderungen annehmen.
Regionales Unternehmen zeigt Interesse
Der mit 900 Euro für ein solches Projekt schmal bemessene Etat erforderte auch eine Sponsorensuche. Die Studierenden überzeugten den Grillhersteller Landmann aus Osterholz-Scharmbeck von ihrem Vorhaben. Für die Systems-Engineering-Studierenden, die den „BBQ 4.0“ im nächsten Semester optimieren werden, steht nun ein neuer, hochwertiger Landmann-Smoker zur Verfügung.
„Die Ideen der Studierenden haben uns überzeugt, und wir überlegen inzwischen, einige Ansätze davon aufzugreifen“, sagt Ronald Bosse, Leiter Produktmanagement bei Landmann. Das Projekt zeige sehr schön, was die zunehmende Digitalisierung alles möglich mache – auch beim Thema Grillen. Das Unternehmen habe großes Interesse an einem weiteren Austausch mit den Studierenden.
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