Kaum ein Land hat mehr Promovierende als Deutschland. Wir haben mit Matthias gesprochen, was ihn persönlich zu diesem Mammutprojekt antreibt.

Die Liebe zur Musik führte den Elektrotechnik-Studenten Matthias zur Promotion im Bereich Audio- und Tontechnik. Foto: Lohmann

Kaum ein Land hat mehr Promovierende als Deutschland, doch warum entscheiden sich so viele Akademiker für eine Doktorarbeit? Ist es die Aussicht auf eine begehrte Professur, der erhoffte Karriere-Kick oder am Ende einfach der Wissensdurst? Ich habe mich mit dem ehemaligen Elektrotechnik-Studenten Matthias getroffen, der sich vor fünf Jahren für eine Promotion entschlossen hat. Der 33-Jährige hat mir erzählt, was er sich von einem „Dr.“ vor dem Namen erhofft und mit welcher Leidenschaft er später sein Geld verdienen möchte.

 

Matthias liebt Musik. Seit vielen Jahren sammelt er auf Flohmärkten Utensilien und träumt davon, ein eigenes Album aufzunehmen. „Eigentlich wollte ich das damals auch machen, als ich mit meinem Elektrotechnik-Studium fertig war. Ich hatte genug von der Theorie und wollte etwas Praktisches machen. Aber dann kam irgendwie alles anders“, erinnert sich der Bremer.

 

„Manchmal sah man sie wochenlang nicht“

 

Schon während seines Studiums an der Uni Bremen faszinierte Matthias besonders die Audio- und Tontechnik: „Der Bereich digitale Signalverarbeitung ist ziemlich komplex, wie ein Puzzle für Erwachsene. Ich wollte das alles noch besser verstehen und mehr darüber wissen.“

 

Den Ausschlag für seine Entscheidung, eine Doktorarbeit zu schreiben, gab ein Praktikum bei einer dänischen Firma für Musik-Hard- und Software. „Ich beobachtete die Tüftler dort: Manchmal sah man sie wochenlang nicht – dann hatten sie einen genialen Einfall, von dem sie erzählten, wenn sie wieder auftauchten. Das wollte ich auch“, sagt Matthias.

 

Die Doktorarbeit wird zum Mammutprojekt

 

Matthias hatte gute Verbindungen zur Jade Hochschule in Oldenburg, wo er bereits in Kooperation mit der Bremer Uni seine Diplomarbeit im Bereich Audio- und Tontechnik geschrieben hatte. Als ihm sein Professor dort eine volle Stelle anbot, überlegte er nicht lange. „Ich wollte einfach mehr über das Thema erfahren. Zudem war die Stelle gut bezahlt und ich bekam eine vernünftige Ausrüstung für meine Forschungen.“

 

Für seine Doktorarbeit befasste er sich mit der Restauration von alten Tonaufnahmen – genauer gesagt mit der Entwicklung von Verfahren, die Archive vollautomatisch restaurieren. Regelmäßige Treffen mit dem Industriepartner, Literaturrecherche, Schreiben – ein Mammutprojekt, wie Matthias schnell feststellte.

 

Die Forschungsstelle basiert auf einem Projekt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird und zunächst auf drei Jahre befristet war. Als klar war, dass die Arbeit nicht rechtzeitig fertig wird, bekam der junge Wissenschaftler eine Verlängerung. „Leider war nach dem Dreivierteljahr keine weitere mehr möglich, seitdem schreibe ich unentgeltlich an der Arbeit.“

 

Nach der Doktorarbeit ist vor dem Urlaub

 

Matthias Doktorarbeit über die Restauration alter Tonaufnahmen ist eine veröffentlichungsbasierte Promotion: Damit verpflichtet sich der Promovierende zu einer bestimmten Zahl von Artikeln, die in entsprechenden Fachmagazinen erscheinen. Für die Arbeit selbst kann er auf diese Texte zurückgreifen und sie zu verbindenden Kapiteln ergänzen. „Immer wenn ich etwas Relevantes herausgefunden habe, veröffentliche ich einen Bericht, der von Fachleuten gegengelesen wird.“

 

Der ständige Druck durch die Fachartikel und verschiedene Prüfungssituationen machen Matthias nach der langen Zeit zu schaffen. „Ich bereue meine Entscheidung für eine Promotion nicht. Aber mittlerweile zieht sich alles so lange hin, das muss mal ein Ende haben.“

 

Er hofft, bis Ende des Jahres mit seiner Arbeit durch zu sein. Und wie geht es dann weiter? „Erstmal mache ich Urlaub. Und dann werde ich mich endlich dem widmen, was mir am meisten Spaß macht – der Musik.“ Er will endlich das längst geplante Pop-Album aufnehmen. Und wenn alles gut läuft, in dieser Branche künftig sein Geld verdienen.

 

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