Inklusion in der Praxis: Eine Forschungsgruppe des TZI Bremen bewahrt Menschen mit Handicap vor Stresssituationen bei der Computerarbeit.

Arbeitsplatz soll Emotionen des Benutzers erkennen
Wissenschaftler der Uni Bremen entwickeln Assistenzsysteme, die behinderten Menschen die Arbeit erleichtern sollen. Foto: Susan H. Smith / iStock

Die Emotionen eines Computernutzers können schon mal hochkochen, wenn das Gerät mitsamt der halbfertigen Hausarbeit abstürzt oder wenn der Drucker direkt vor dem Abgabetermin plötzlich die Arbeit verweigert. In Einzelfällen kann dies ein erhebliches Problem darstellen, aber in der Regel handelt es sich um schnell vorübergehenden Frust. Anders ist dies jedoch für viele Menschen mit körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderungen, die oft besonders sensibel auf Stressfaktoren reagieren.

 

Ein Team aus Wissenschaftlern des Technologie-Zentrums Informatik und Informationstechnik der Universität Bremen (TZI) und der Universität Passau entwickelt daher jetzt ein System, das die Anwender bei der Abwicklung bestimmter Tätigkeiten unterstützt und dabei ihren emotionalen Zustand berücksichtigt. Erprobt wird das System vom Martinshof, einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in Bremen, und dem regionalen Pflegedienst Vacances.

 

Schwierigkeitsgrad wird an den Gemütszustand angepasst

 

Die Erkennung der Emotionen wird eingesetzt, um den Arbeitsprozess in kleine, handhabbare Arbeitsschritte aufzuteilen, die je nach Verfassung des Benutzers im Grad der Schwierigkeit variieren können. Darüber hinaus kann das System den Anwendern beispielsweise empfehlen, eine Pause einzulegen, wenn erhöhte Gefahr einer Verletzung besteht.

 

Zentrale Bedeutung hat dabei die Sprachsteuerung: Sie ermöglicht es nicht nur, Menschen mit Lese- und Schreibproblemen einzubinden, sondern erlaubt auch die Ableitung des emotionalen Zustands anhand von Faktoren wie der Wortwahl, der Lautstärke oder der Stimmlage. Ziel ist es, Stresssituationen zu vermeiden, das selbstständige Arbeiten zu erleichtern und damit auch das Selbstvertrauen der Benutzer zu stärken.

 

Akustische Merkmale werden herausgefiltert und analysiert

 

Geplant und koordiniert wird das Projekt von Christian Cohrs am Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik der Universität Bremen. Das TZI übernimmt auch die Auswahl der Hardware und die Programmierung des Systems.

 

Von der Universität Passau werden unter der Leitung von Prof. Björn Schuller die Technologien zur Erkennung der Emotionen beigesteuert. Die Sprachkommandos der Nutzer werden von einem System analysiert, das die akustischen Merkmale extrahiert und mit den zuvor eingegebenen Daten abgleicht. Dieses System lernt mit zunehmender Nutzung, Emotionen immer präziser zu erkennen.

 

Größere Selbstständigkeit für Menschen mit Behinderungen

 

Der Martinshof in Bremen verspricht sich vom Projekt „Emotionssensitives Assistenzsystem zur Unterstützung von Menschen mit Einschränkungen“ (EmotAsS) die Verbreiterung der Arbeitschancen für behinderte Menschen und die Stärkung ihres Selbstwertgefühls. Der Pflegedienst Vacances überprüft das entwickelte System in einer späteren Projektphase auch auf Übertragbarkeit für Menschen mit Demenz. Assistenzsysteme in Form eines Tablet-PC oder eines Anrufbeantworters können dort helfen, den Tagesablauf zu strukturieren und beruhigende Rückmeldungen zu liefern, wenn beispielsweise immer wieder die gleichen Fragen auftauchen.

 

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