Was heißt eigentlich Diversity und wie sieht es damit bei Bremer Unternehmen aus? Wir haben uns für euch umgeschaut.

Die BTC AG erhielt 2011 den Diversity-Preis "für die Einbindung von Fairness, Wertschätzung und Gleichbehandlung in ihre Unternehmensphilosophie, für die Förderung kultureller Vielfalt im Rahmen der Personal- und Organisationsentwicklung, für ihre nachhaltigen Strategien", wie die Jury mitteilte.
Die BTC AG erhielt 2011 den Diversity-Preis „für die Einbindung von Fairness, Wertschätzung und Gleichbehandlung in ihre Unternehmensphilosophie, für die Förderung kultureller Vielfalt im Rahmen der Personal- und Organisationsentwicklung, für ihre nachhaltigen Strategien“, wie die Jury mitteilte.

 

Der Fabrikarbeiter, der sich in möglichst wenigen Details von tausenden seiner Kollegen unterscheidet und jederzeit ausgetauscht werden kann, stirbt aus. Exzentrik und Extrawürste sind zwar bei den meisten Arbeitgebern immer noch nicht gerne gesehen, aber ein gesunder Mittelweg schafft zurzeit den Durchbruch: die Erkenntnis, dass Menschen ihre beste Arbeit leisten, wenn sie als Person wertgeschätzt werden.

 

Das hört sich zunächst selbstverständlich an, ist es jedoch noch lange nicht. Neben veralteten Organisationsformen, die weiter den Geist der Fabriken aus dem 19. Jahrhundert atmen, spielen auch gesellschaftliche Normen eine wichtige Rolle. Noch immer haben weiße Männer in Deutschland die besten Aufstiegschancen – nicht ohne Grund wird gerade wieder intensiv über Frauenquoten diskutiert.

 

Vielfalt erwünscht

 

Immer mehr Unternehmen entdecken jedoch den Wert der Vielfalt unter ihren Mitarbeitern und versuchen, dies als Vorteil zu nutzen. Auch in Bremer Betrieben gewinnt das „Diversity Management“ an Anhängern – das englische „Diversity“ (Vielfalt) hat sich dabei auch hierzulande als Schlagwort durchgesetzt. Ziel ist es, Menschen aller Hintergründe stärker einzubinden, die Hierarchien durchlässiger zu machen und Umfelder zu schaffen, in denen sich alle wohlfühlen, um ihre besten Leistungen erbringen zu können.

 

Berücksichtigt wird dabei alles, was in der Vergangenheit – und auch jetzt noch – häufig zur Diskriminierung geführt hat, beispielsweise Alter, Geschlecht, Nationalität, Religion, sexuelle Orientierung oder Behinderungen.

 

Besonders offen für Diversität sind viele Unternehmen im IT-Bereich – unter anderem deshalb, weil sie es schwer haben, überhaupt ausreichend gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Wer dort unterschreibt, soll sich wohlfühlen und möglichst lange in der Firma bleiben.

 

Aber auch Finanzdienstleister machen sich Gedanken, wie sie weiterhin attraktiv für ihre – auch zukünftigen – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind. Die Sparkasse Bremen stellt sich daher regelmäßig der Überprüfung durch das unabhängige Institut Great Place to Work. Mit den Ergebnissen setzen sich die Mitarbeiter selbst intensiv auseinander. Parallel engagiert sich die Sparkasse Bremen dabei den Anteil weiblicher Führungskräfte zu erhöhen und animiert ihre Mitarbeiter zur guten Tat. So werden beispielsweise die Special Olympics durch freiwillige Helfer der Sparkasse Bremen unterstützt.

 

Gesellschaftliche Verantwortung und Wettbewerbsvorteil

 

Zu den Vorreitern der Entwicklung in der Region zählt die BTC AG, die ihren Hauptsitz in Oldenburg hat, in Bremen aber mit zahlreichen Mitarbeitern im Weser Tower vertreten ist. Gegründet wurde sie im Jahr 2000 von Bülent Uzuner, der aus der Türkei stammt und daher eine natürliche Affinität zum Thema Diversity hat.

 

In den vergangenen 13 Jahren ist sein Unternehmen auf 1800 Mitarbeiter gewachsen – um diesen Personalbedarf zu decken, sind Kreativität und Toleranz gefragt. „Wir haben gerade die erste Kollegin eingestellt, von der wir wissen, dass sie schwanger ist“, berichtet Rüdiger Theobald, Leiter der Stabstelle für Führungskräfte- und Mitarbeiterentwicklung bei BTC. „Das ist für uns gesellschaftliche Verantwortung, aber auch ein Wettbewerbsvorteil.“

 

Ein weiteres Beispiel: Eine Kandidatin aus einem anderen Kulturkreis schickt ihre Bewerbungsunterlagen auf Deutsch, allerdings mit einigen Fehlern. Die Bewerbung wegen „Schludrigkeit“ beiseite zu legen sei hier fehl am Platze, so Theobald. „Im Gegenteil, es zeugt von Wertschätzung, dass die Kandidatin versucht hat, uns die Bewerbung in unserer Sprache zukommen zu lassen.“

 

Die BTC AG dokumentiert ihr Engagement öffentlich durch die Unterzeichnung der „Charta der Vielfalt“, einer Unternehmensinitiative zur Förderung von Diversity in Unternehmen, die von der Bundesregierung unterstützt wird.

 

All dies ist für das Unternehmen kein Selbstzweck. Auf die letzte Kommastelle ausrechnen lassen sich die finanziellen Vorteile nicht, aber neben der Mitarbeitergewinnung und –bindung dürfte auf diese Weise auch schon der eine oder andere Auftrag beflügelt worden sein. Internationale Kundenbeziehungen gestalten sich laut Theobald leichter, wenn Menschen aus dem gleichen Kulturkreis als „Brückenbauer“ fungieren können. „Die interkulturelle Kompetenz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trägt somit erheblich zum Erfolg unseres Unternehmens bei“, so Theobald.

 

Kommunikation auf Augenhöhe

 

Ein weiteres IT-Unternehmen, das sich für Diversity engagiert, ist Team Neusta. „Verschiedene Ansätze zur Förderung der Integration und Nachhaltigkeit in Bezug auf ein produktives Miteinander sind in der Unternehmenskultur, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, fest verankert“, teilt das Unternehmen mit.

 

So sei es vor allem die partnerschaftliche Kommunikation auf Augenhöhe, die Team Neusta erfolgreich mache. „Mitarbeiter werden gefordert und gefördert, jeder kann und soll Verantwortung übernehmen und sein Talent und seine Fähigkeiten bestmöglich in die Unternehmenskultur einbringen“, betont die Geschäftsführung. Darüber hinaus nehme das Unternehmen jedes Jahr am Bremer Diversity-Preis teil, in dem konkrete Ansätze und Maßnahmen aufgezeigt werden.

 

Schwul-lesbisches Netzwerk

 

Aber auch in ganz traditionellen Berufen wächst die Wertschätzung für Vielfalt. Die Bäckerei & Konditorei Neteler in Bad Zwischenahn beschäftigt einen Mitarbeiter mit Lernbehinderung – für ihn wurde eine feste Stelle als Produktionshelfer geschaffen, in der er 25 Stunden pro Woche arbeiten kann. Danach wird es mit der Konzentration schwierig. Die Fleischerei Stehr in Bremerhaven hat unterdessen den Arbeitsplatz so eingerichtet, dass ein gehörloser Mitarbeiter problemlos integriert werden kann.

 

Im Bremer Mercedes-Werk stehen die Internationalisierung und die Erhöhung des Frauenanteils in der Produktion ganz oben auf dem Programm. Darüber hinaus wurde ein schwul-lesbisches Netzwerk eingerichtet. „Wir wollen, dass sich Menschen im Alltag so zeigen können, wie sie es möchten“, betont Doris Heitkamp-König, Leiterin des Kundenzentrums.

 

Wer sich intensiver mit dem Thema Vielfalt am Arbeitsplatz auseinandersetzen möchte, findet unter anderem Anregungen in der Ausstellung „Gesichter der Nachhaltigkeit“, die noch bis zum 8. Mai im Wagenfeld Haus läuft. Einen Überblick über die Diversity-Aktivitäten der Uni Bremen gibt es unter www.uni-bremen.de/diversity.html.


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