Bei der neuen Ausstellung im Bremer Universum dreht sich alles ums Entscheiden: Man lernt nicht nur eine Menge, sondern erfährt auch sehr viel über sich selbst.
Bio oder Budget? Anna oder Lena? Kind oder Karriere? Oder beides? Wir haben die Wahl – und damit zugleich die Qual. Die Sonderausstellung „Entscheiden“ im Universum Bremen, die noch bis zum 10. Mai 2015 geht, blickt hinter die Kulissen der Entscheidungsfindung und fragt nach dem Zusammenspiel von persönlicher Freiheit und gesellschaftlicher Verantwortung. Ich habe für euch vorab einen Rundgang durch die Welt der Job-Hopper, der Fast-Liebespaare und der Nichtwähler gemacht – dabei musste ich auch selbst Stellung beziehen.
Liebe, Bildung, Freunde – „du hast die Wahl“ sagt die Stimme im Einführungsfilm, der mir anschaulich die Entwicklung des Menschen seit der Industrialisierung erzählt. Doch das ist einfacher gesagt als getan: Sollen wir bei unseren Entscheidungen auf den Kopf oder auf den Bauch hören? Gleich am Anfang erfahre ich von einem Infoschild, dass uns mehr Auswahlmöglichkeiten offenbar nicht zwangsläufig glücklicher machen, wie ein Forschungslabor der Entscheidungspsychologie herausgefunden hat.
Würdest du dein Leben gegen ein anderes eintauschen?
Die erste Station behandelt den Schwerpunkt Liebe und demonstriert anhand von Statistiken und Grafiken, warum wir jemanden attraktiv finden und warum sich Menschen scheiden lassen oder Familie gründen. Über Kopfhörer kann ich Paaren lauschen, die aus verschiedenen Perspektiven von ihrem Kennenlernen oder früheren Beziehungen erzählen. In einer „Wahlkabine“ fragt mich der Psychoanalytiker Peter Schneider aus dem Off, ob ich mein Leben gegen ein anderes tauschen würde?
Um die Besucher mit ihrer eigenen Entscheidungsfindung zu konfrontieren, wartet nach jedem Bereich eine kurze Befragung zu dem Thema. Das Ergebnis wird auf einer Karte notiert – am Ende der Ausstellung gibt es eine Auswertung. An der ersten Station soll ich Fragen zum Thema Liebe beantworten: „Was tun Sie, wenn Ihre Freunde Ihren neuen Partner nicht mögen?“ Tja, gute Frage. Vielleicht drüber reden? Die Antwortmöglichkeit gibt es nicht – ich darf zwischen Beziehung beenden und ignorieren wählen. Nun wird’s persönlich: „Ihr Freund möchte eine offene Beziehung. Lassen Sie sich darauf ein?“ Puh, denke ich, damit könnte man ganze Abende füllen. Ich habe nur ein paar Minuten Zeit, um mich für eine Antwortmöglichkeit zu entscheiden – schwarz oder weiß.
Marshmallow-Test als Indikator für den späteren Erfolg
Wie viel spontane Entscheidungen über uns aussagen, verrät mir der sogenannte „Marshmallow-Test“ aus den 60er Jahren, den Walter Mischel durchführte. Kleine Kinder wurden vor die Wahl gestellt: Sie bekommen einen Marshmallow, der sofort verzehrt werden darf oder sie warten und bekommen zwei Süßigkeiten. Ihr Lebenslauf wurde über mehrere Jahre verfolgt: Wer als Kind warten konnte, verdiente später mehr Geld, hatte den besseren Job und einen gesünderen Body-Mass-Index. Wie hätte ich wohl als Kind entschieden, frage ich mich.
Auf einem Monitor laufen Filme: Der ehemalige Bremer Bürgermeister Henning Scherf, „Zeit“-Redakteur Giovanni di Lorenzo sowie ein Herzchirurg und eine Richterin erzählen, wie man schwierige Entscheidungen trifft und welche sie im Nachhinein bereut haben.
Bin ich eine Egoistin im Job?
Station 3 befragt mich zu meinen Entscheidungsmustern: „Gefallen Ihnen nach dem Shoppen die Klamotten noch genauso gut wie im Laden?“ oder „Haben Sie in der Videothek Schwierigkeiten, sich für eine DVD zu entscheiden?“ Ich fühle mich ertappt. Doch der nächste Bereich gibt mir 30 Tipps mit an die Hand, wie man leichter Entscheidungen treffen kann. Ich fühle mich etwas gewappneter für die Zukunft.
Am Ende der Ausstellung erhalte ich meine Quittung. Im Bereich Liebe/Karriere bescheinigt mir der Bon: „Wenn es sein muss, können Sie rasch wichtige Entscheidungen ohne Rücksicht auf Verluste treffen – Hauptsache, das Resultat stimmt für Sie.“ Oh Gott, bin ich wirklich so? Vielleicht habe ich zu schnell geantwortet, denke ich, und erinnere mich an ein Zitat des Psychologen Gerd Gigerenzer, das in der Ausstellung steht: „Wir leben in einer Gesellschaft, die Daten und komplexe Methoden schätzt, aber der eigenen Intuition misstraut.“
Die neue Sonderausstellung “Entscheiden. Eine Ausstellung über das Leben im Supermarkt der Möglichkeiten“ ist übrigens bis zum 10. Mai 2015 im Universum Bremen zu sehen. Bis zum 6. März gelten wegen des Umbaus im Universum folgende Sonderpreise: Erwachsene zahlen 8,- Euro, Ermäßigte 6,- Euro.
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