MOOCs (Massive Open Online Courses) erlangen immer mehr Aufmerksamkeit und werden für die Generation „Lebenslanges Lernen“ immer selbstverständlicher. Grund genug für uns, das Thema mal unter die Lupe zu nehmen.
Das Vorurteil vom faulen, langschlafenden Studenten könnte in den nächsten Jahren neues Feuer bekommen: Mit der zunehmenden Verbreitung von Online-Kursen besteht möglicherweise bald gar keine Notwendigkeit mehr, das Bett zu verlassen. Sofern sich auch noch die Prüfungen via Internet absolvieren lassen, kann das Lager auch gleich an einem schönen Strand aufgeschlagen werden.
Der Trend zur Online-Lehre ist schon jetzt nicht aufzuhalten. Den stärksten Schub bekommt das Thema dabei aus den USA. Zum einen ist dort die Innovationsfreude meist etwas größer als bei uns, zum anderen – und das ist entscheidender – herrscht dort ein zunehmender Leidensdruck angesichts der horrenden Studiengebühren. Online-Kurse versprechen eine massive Entlastung des Geldbeutels.
Experimentiert wird weltweit mit unterschiedlichsten Formaten. Besonders vielfältig ist dabei das Feld der sogenannten MOOCs („Massive Open Online Courses“). Sie kennzeichnen sich dadurch, dass sie sich an eine breite Masse von Teilnehmerinnen und Teilnehmern richten, unabhängig von einer bestimmten Hochschule. Damit hat jeder heute die Möglichkeit, besonders interessante Seminare zu belegen – sei es, weil die Themen spannend sind oder weil die Dozenten als Koryphäen ihres Fachs gelten.
Autos programmieren oder die Grundzüge des Designs lernen
Ein Vorreiter der Bewegung ist der deutsche Professor Sebstian Thrun, der lange Zeit an der Stanford University Informatik gelehrt hat und parallel zu einem der Chef-Entwickler bei Google aufgestiegen ist. Er hat die Online-Uni Udacity gegründet, bei der man ein breit gefächertes Angebot rund um Computertechnologie erhält, vom Einstiegsseminar bis zur Programmierung eines selbstfahrenden Autos. Die Dozenten sind erfahrene Universitätsprofessoren oder Praktiker – so wird ein Kurs „How to build a Startup“ beispielsweise von einem Unternehmer aus dem Silicon Valley geleitet.
Auch in Europa verbreitet sich die Idee der MOOCs. Hier sind die Studiengebühren zwar kein größeres Problem, allerdings versprechen Politiker und Lehrende sich davon eine Chance, hochwertige Bildungsangebote zu geringeren Kosten in weitere Gesellschaftssegmente zu tragen. Auch der Wettbewerb zwischen den Hochschulen soll angestachelt werden.
In Deutschland hat der Stifterverband der Deutschen Wissenschaft daher im vergangenen Jahr zehn „MOOC-Fellowships“ vergeben. Dozenten konnten sich per Video mit ihren Ideen bewerben; die Gewinner erhielten jeweils 25.000 Euro für die Entwicklung ihres Kurses. Unter den zehn MOOCs befinden sich so unterschiedliche Themen wie „Design 101“, „Internationales Agrarmanagement“ und „The Future of Storytelling“. Auch zwei Professoren der Jacobs University Bremen setzten sich durch: Sie bieten jetzt via Iversity den Kurs „DNA – from Structure to Therapy“ an.
Bei Iversity können die Teilnehmer auch teilweise Leistungspunkte nach dem ECTS-System erwerben, die dann auf ein „normales“ Studium angerechnet werden. Üblicherweise vergeben die Anbieter für die erfolgreiche Teilnahem an einem MOOC ein Zertifikat.
Mal mehr, mal weniger interaktiv
Bei der Gestaltung von MOOCs gibt es unterdessen erhebliche Unterschiede. Angefangen hat alles damit, dass Vorlesungen schlicht per Kamera aufgenommen und ins Netz gestellt wurden – aber das ist schon lange her. Mittlerweile werden die MOOCs in zwei große Gruppen unterteilt: die xMOOCs und die cMOOCs. Während bei den xMOOCs das Material im klassischen Format abgearbeitet wird, nur eben auf elektronischem Wege und mit dem Zusatzangebot der Vernetzung unter den Teilnehmern, setzen die cMOOCs wesentlich stärker auf das gemeinsame Erarbeiten des Materials. Interaktion und Vernetzung stehen hier im Vordergrund.
Mitunter stellt das Ganze jedoch auch für die Anbieter und die Dozenten noch einen Lernprozess dar. So stellte ein Professor beispielsweise seinen Kurs ein, weil er offenbar mit der vielen Interaktion nicht klarkam. Eine andere Dozentin scheiterte an der Technik – und zwar ausgerechnet beim Lehren des Kurses „Fundamentals of Online Education: Planning and Application“. Trotz solcher Anlaufschwierigkeiten machen die meisten Teilnehmer gute Erfahrungen, hat die Stiftung Warentest im Rahmen einer Umfrage festgestellt.
Auch die Universität Bremen tastet sich übrigens in das Metier vor. Auf der „Mobile Lecture“-Seite der Uni kann man sich Vorlesungen sowie Interviews mit Dozenten aus unterschiedlichen Fachbereichen ansehen. Die Ergebnisse sind teilweise noch optimierbar, aber ein Start ist gemacht.