Juie Jittinan Kitsumritiroj und Andreas Hensinger eint nicht nur die gemeinsame Leidenschaft für Design, sie haben auch eine Ader für soziale Projekte. Mit ihrem Start-up „hey ju design“ verbinden die beiden Produktdesigner beides: Sie begleiten soziale Einrichtungen und entwickeln oder optimieren mit ihnen zusammen handwerkliche Produkte. Ich habe mich mit den beiden Gründern aus Bremen getroffen und mit ihnen über Inklusion, Design und soziales Engagement gesprochen.

Juie und Andreas haben zu unserem Treffen ein paar ihrer jüngsten Design-Prototypen mitgebracht und auf dem Tisch verteilt. Einer dieser Gegenstände hat sofort meine Aufmerksamkeit: Es ist ein kleines flaches Stück Holz mit einer Ecke. Was könnte das nur sein, überlege ich. Juie klärt mich auf: Es handelt sich um einen Eierbecher. Das hätte ich wirklich nicht vermutet, denn die Form unterscheidet sich gänzlich von herkömmlichen Eierbechern. Auch die Produktdesigner sind immer wieder begeistert, auf wieviel Potenzial sie bei den Menschen der sozialen Werkstätten stoßen, mit denen sie zusammen Produkte bis zur Marktreife entwickeln. Der ungewöhnliche Eierbecher ist zusammen mit den Beschäftigten der Keramikmanufaktur der Delme-Werkstätten zum Thema „Essen, Verstauen, Erleben“ entstanden. „Das sind besondere Produkte von besonderen Menschen“, sagt Juie.

Mit den Delme-Werkstätten entwickelte hey ju design einen Eierbecher mit ungewöhnlicher Form.

Inklusion fördern und Produkte entwickeln

Mit ihrem Start-up „hey ju design“ wollen Juie und Andreas Inklusion fördern und gleichzeitig funktionale Produkte entwickeln. Im Rahmen von gemeinsamen Workshops helfen die Produktdesigner den Einrichtungen ihr Produktangebot zu modernisieren und zu erweitern. Dabei entstehen nicht nur neue Produkte, auch die Beschäftigten werden kreativ gefördert: „Die Menschen werden zu Co-Designern“, sagt Andreas, der großes Potenzial in den Werkstatt-Mitarbeitern sieht. Dabei geht es ihnen auch darum, Alleinstellungsmerkmale der Werkstattprodukte herauszuarbeiten. Neben dem Eierbecher ist in den Delme-Werkstätten auch ein modulares Frühstückstablett mit passender Butterdose und Kaffeebecher entstanden. Doch nicht alle Ideen funktionieren in der Praxis: „Das Produkt muss mit den Maschinen in den Werkstätten umsetzbar sein“, erklärt Andreas. Dass sich ihre Einschätzung von der Umsetzbarkeit dabei hin und wieder von den Teilnehmern unterscheidet, macht das Ganze für sie erst spannend. Die beiden Absolventen der Hochschule für Künste (HfK) können mit ihrer Arbeit ihre Leidenschaft für Design, Handwerk und sozialem Engagement verbinden.

Juie engagierte sich schon während ihres Studiums in Thailand für soziale Projekte. Als sie nach einem Auslandssemester an der HfK 2011 nach Bremen zog und hier ihren Master im Studiengang Integriertes Design absolvierte, entwickelte sie gemeinsam mit dem Martinshof ein Konzept für Menschen mit Beeinträchtigung. „In Bremen habe ich gemerkt, dass ich mich sehr stark für gesellschaftliche Fragestellungen interessiere“, berichtet Juie. Der gemeinsame Fokus auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen und persönliche Sympathie brachte sie schließlich auch mit Andreas zusammen, der für seine Masterarbeit ein Projekt mit Demenz-Schwerpunkt umsetzte.

Juie und Andreas bei einem ihrer Workshops.

Reststoffe sinnvoll nutzen

Neben dem Schwerpunkt Inklusion liegt den beiden auch das Thema Nachhaltigkeit am Herzen: Erst kürzlich haben sie auf der IGA Berlin einen Workshop durchgeführt, bei dem Kinder an kreative Methoden herangeführt wurden und ein „Zuhause für unsere Pflanzen“ gebaut haben. Das Ganze fand in einer Konstruktion aus Reststoffen statt, die von der Berliner Stadtreinigung initiiert und vom Künstlerkollektiv „raumlabor“ umgesetzt wurde. Andreas: „Bei dem Workshop ging es auch darum, Reststoffe zu nutzen, die wir eigentlich wegwerfen würden. Damit wollen wir aufzuzeigen, dass auch Sachen, die wir wegwerfen, Rohstoffe sind und man diese weiterhin nutzen kann.“ Am Ende des Workshops standen individuelle Pflanzenhäuser, die die Kinder selbst ausgedacht und gebaut haben.

Neben einer guten Idee brauchten Juie und Andreas natürlich auch Startkapital und ideelle Unterstützung. 2015 bewarben sie sich erfolgreich für das BRUT-Programm, ein Förderprogramm für Unternehmensgründungen, das vom Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen des Landes Bremen und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert wird. Für die beiden Gründer von „hey ju design“ war das der Startschuss für ihr eigenes Unternehmen.

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