2007 wurden sie in Deutschland, Großbritannien, den USA und anderen Ländern verboten, dann 2010 wieder erlaubt. 2011 haben Frankreich und Italien sie teilweise wieder verboten. Die Rede ist von sogenannten Leerverkäufen, also Geschäften, bei denen jemand etwas verkauft, das er gar nicht besitzt. Wie funktionieren Leerverkäufe und warum werden sie immer wieder eingeschränkt oder gar […]
2007 wurden sie in Deutschland, Großbritannien, den USA und anderen Ländern verboten, dann 2010 wieder erlaubt. 2011 haben Frankreich und Italien sie teilweise wieder verboten. Die Rede ist von sogenannten Leerverkäufen, also Geschäften, bei denen jemand etwas verkauft, das er gar nicht besitzt. Wie funktionieren Leerverkäufe und warum werden sie immer wieder eingeschränkt oder gar verboten?
Aktienhändler Alfred verfügt am Montag über die Aktien der Firmen Mercedes-Benz und BMW. Bei beiden Aktien ist er sich sicher, dass sie im Wert steigen werden, d.h. diese wird er so schnell nicht verkaufen. Am Wochenende hat er jedoch im Fernsehen gesehen, dass bei Opel Streiks anstehen und er erwartet, dass der Aktienkurs deswegen sinken wird. Also macht Alfred folgendes:
Er leiht sich 10 Opelaktien von einem anderen Händler – Hans. Diese haben zurzeit einen Wert von €50 je Aktie (= €500). Dafür, dass er sie ausleihen darf, zahlt Alfred Hans €10. Die beiden verabreden, dass Alfred die Aktien am Freitag zurückgeben muss. Am Montagnachmittag verkauft Alfred diese 10 Aktien an einen dritten Händler – Dieter. Bis zum Freitag kann eine der drei folgenden Ereignisse eintreten:
- Der Wert der Opel-Aktien sinkt (z.B. auf €30): Alfred muss die Aktien an Hans zurückgeben, er kann sie aber auf dem Markt viel günstiger einkaufen, als er sie am Montag noch verkauft hat. D.h. er macht einen Gewinn von €190 (= €500 – €300 – €10 (Leihgebühr))
- Der Wert der Opel-Aktien bleibt bei €50: Alfred muss die Aktien zum selben Preis zurückkaufen, wie er sie verkauft hat, d.h. er macht nur den Verlust der Leihgebühr i.H.v. €10.
- Der Wert der Opel-Aktien steigt (z.B. auf €70): Alfred muss die Aktien für einen höheren Preis zurückkaufen, als er sie gekauft hat, um sie Hans zurückgeben zu können. Er macht also einen Verlust von €210 (= €500 – €700 – €10)
Bei Leerverkäufen wird also auf sinkende Kurse gesetzt. Man hofft darauf, dass der Kurswert eines Wertpapieres so weit wie möglich fällt.
Warum werden Leerverkäufe immer wieder reguliert oder verboten?
Leerverkäufe sind eine Spekulation darauf, dass es einem Unternehmen oder einer anderen Wirtschaftseinheit, die Wertpapiere ausgegeben hat, im Laufe der Zeit schlechter geht als jetzt. Dadurch stellen sie eine Form der Spekulation dar, die vor allem in letzter Zeit sehr viel Kritik hervorgerufen hat. Viele Politiker oder Journalisten halten es für moralisch verwerflich, an dem „Untergang“ eines Unternehmens Geld zu verdienen. Sie sagen, es entstünde bei Leerverkäufen zusätzlich ein sogenannter „Moral Hazard“, d.h. es gäbe einen Anreiz für Leerverkäufer, Gerüchte in Umlauf zu bringen, die den Kurs eines Wertpapieres nach unten drücken und sich damit Gewinne zu ermöglichen.
Andererseits muss man aber auch zwei Vorteile von Leerverkäufen hervorheben:
Der erste Vorteil ist die Möglichkeit, sich bei Termingeschäften gegen Kursschwankungen abzusichern. Ein Lieferant von Öl beispielsweise kann bei einem Terminkauf von einer Menge Öl dieses gleichzeitig leerverkaufen, um sich gegen Kurseinbrüche zu versichern.
Der zweite Vorteil ist der, dass Händler gerade dann viele Leerverkäufe tätigen, wenn sie eine Spekulationsblase zu sehen glauben. Gegen Beginn der Finanzkrise 2007/08 haben viele Händler auf einen Zusammenbruch des amerikanischen Häusermarktes gewettet und damit viel Geld verdient. Ebenso haben im letzten Jahr viele Händler griechische Staatsanleihen leerverkauft, weil sie auf die Zahlungsengpässe der griechischen Regierung gesetzt haben.
Durch diese Leerverkäufe können nach Ansicht einiger Ökonomen Spekulationsblasen abgedämpft oder gar verhindert werden, weil sie ein Gegengewicht zu den anderen Spekulanten darstellen.